Zur Ausstellung: Der Weg zum mobilen Rechnen und Spielen
Begleitend zu unserer Ausstellung “Digitale RETROkultur“* haben wir euch im ersten und zweiten Teil der Reihe die Geschichte hinter dem MOS 6502 Prozessor vorgestellt und im dritten Teil über den Videospielcrash von 1983/84 geplaudert.Im heutigen vierten Teil machen wir einen kleinen Exkurs in die Portabilität und Möbilität des Rechnens und damit natürlich auch des Spielens.
Ab Mitte der 70er Jahre wurde versucht, das Rechnen auch “portabel” zu gestalten. Wobei mit “portabel” oft nur gemeint war, dass eine gut trainierte Person den Rechner zwischen zwei Orten bewegen konnte – die ersten Geräte wogen immerhin um die 15 Kilogram. Batteriebetrieb war noch nicht möglich (die benötigten Bleiakkus hätten das Gewicht vermutlich locker verdreifacht) und Mobilität war nur zusammen mit einem Auto zum Transport gewährleistet. Mobiles Rechnen fand so nur an zwei verschiedenen Steckdosen statt, nicht wirklich mobil dazwischen. Auch Commodore bot ab 1984 eine portable/mobile Version des C64 an, den SX-64.
Werbung für den Commodore SX-64. Nicht im Bild: Das Verlängerungsstromkabel zum Haus.
Die Entwicklung der Flüssigkristallanzeige (Liquid Crystal Display = LCD) ermöglichte es ab 1970, flache Anzeigegeräte zu bauen, welche deutlich weniger Platz einnahmen und geringere Strommengen benötigten als die traditionellen Röhrenmonitore. Zunächst hatten diese Geräte den Nachteil, nur zwei Farben darstellen zu können („an“ und „aus“), was aber für die Anwendung in Taschenrechnern, Uhren oder Videorekordern unerheblich war. Die Technologie wurde stetig weiterentwickelt und fand großen Anklang im Bau von wirklich tragbaren Geräten. Heute werden nahezu alle Bildschirme, Fernseher und Monitore mit dieser weiterentwickelten Technologie gebaut.
Bereits 1983 wurden mit dem Gavilan SC und dem Sharp PC5000 die ersten „Laptops“ auf den Markt gebracht, welche kleine LCD-Anzeigen mit jeweils acht Zeilen Text boten. Dies wurde bis 1985 auf einen Standard von 25 Zeilen mit 80 Zeichen verbessert (z.B. Kaypro 2000 und Toshiba T1100). Mit Beginn der 90er Jahre und der Einführung der Apple PowerBooks wurde das Aussehen eines Laptops bis heute de facto festgelegt. Die Auflösung war mit 640×400 Pixel bei der eines stationären Arbeitsrechners angekommen. Zeitgleich mit der Entwicklung leistungsfähiger Rechner wurde die kabellose Kommunikation vorangetrieben: Ende der 90er per Infrarot (wobei Sichtverbindung benötigt wird), dann ab Anfang der 2000er Bluetooth, später das heute überall gebräuchlichen WLAN. Nun war das wirklich „mobile“ Rechnen und auch Spielen komplett möglich.
Aber zurück zum Beginn der Geschichte: Bereits 1979 konzipierte Jay Smith mit dem Microvision der Firma Miltron Bradley (MB) das erste mobile Spielgerät mit auswechselbaren Spielmodulen („Cartridges“). Leider war die Darstellungstechnologie der damaligen Zeit dem Ideenreichtum noch nicht gewachsen: Mit nur 16×16 Zeichen Auflösung konnte nur eine sehr geringe Spielvarianz erzielt werden. Aber eines dieser Spiele („See-Duell„) beinhaltete bereits einen Mehrspielermodus, bei dem die Spielzüge von zwei Spielern abwechselnd eingegeben und dann zusammen ausgewertet wurden. Man konnte nun auch unterwegs gemeinsam spielen.
“See-Duell” auf dem MicroVision: geringe Auflösung für ein revolutionäres Spielkonzept
Bei Nintendo überlegten sich zeitgleich Ingenieure Ende der 1970er Jahre, wie man ein interaktives Spielgerät für unterwegs erstellen könnte, nachdem ein gelangweilter Ingenieur morgens im Zug einen Fahrgast mit dem Taschenrechner hantieren sah. Das Ergebnis war ab 1980 die berühmte „Game & Watch“-Serie mit LCD-Bildschirm. Der technische Clou war die Verwendung von Steuerungschips aus Taschenrechnern mit LCD-Anzeige. Anstatt die einzelnen Elemente der Ziffernanzeige darzustellen anzuzeigen, konnten 64 bzw 72 einzelne Spielelemente (sowie die Uhr- bzw. Punkteanzeige) ein- und ausgeschaltet werden. Damit sparte sich Nintendo die teure Entwicklung von neuen Spezialchips.
“Octopus” – Eines der 59 produzierten “Game & Watch” Spiele
1989 kam dann mit dem Nintendo “Game Boy” die „Revolution“ des mobilen Spielens. Auch wenn die technischen Merkmale des Game Boys denen der Mitbewerber am Markt unterlegen waren (u.a. niedrigere Auflösung und – zunächst – keine Farbdarstellung – nur 4 Grünstufen), führten das Spiele-Angebot, der Preis und die längere Lebensdauer der Batterien dazu, dass der Game Boy der Firma Nintendo bis heute eine dominante Stellung im mobilen Spielebereich festigte.
Ein wichtiges Merkmal des Game Boy und auch der Konsolen der nicht so erfolgreichen Mitbewerber, wie dem Atari Lynx oder dem Sega Game Gear, war es, mit Hilfe eines sog. “Link“-Kabels mindestens zwei Konsolen miteinander zu verbinden. So konnte das Spielen mit- und gegeneinander ermöglicht werden. Moderne tragbare Konsolen, wie z.B. das Nintendo DS, nutzen dafür das bereits erwähnte Bluetooth oder WLAN.
.stefan
* Museum Großauheim, Pfortenwingert 4, 63457 Hanau
30.06 – 29.09.2013 // Do – So 10-12 und 14-17 Uhr // 2€ Eintritt